Früher war der Vater meist eine gefürchtete Autorität. Und heute? Anlässlich des morgigen Vätertags reden drei Männer über ihr Vaterbild und ihre Vaterrolle.
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Betram
S.*, 46, Informatiker, Vater von drei Kindern im Alter zwischen
10 und 4 Jahren, zehn Jahre verheiratet,
seit drei Jahren geschieden.
«Ich bin zusammen mit vier Geschwistern in traditionellen Verhältnissen aufgewachsen. Einmal abgesehen von den Auseinandersetzungen während der Pubertät hatte ich zu meinen Eltern immer ein sehr gutes Verhältnis. Ich mag Kinder. Aber ich war mir in jungen Jahren nicht im Klaren darüber, ob ich selber Kinder haben wollte. Als ich meine spätere Frau kennenlernte, war diese Frage nach wie vor offen. Nach einem halben Jahr wurde sie schwanger und wir heirateten. Aus meiner Sicht lief alles gut. Wir kauften ein Haus auf dem Dorf, ich baute es teilweise selber um. Dann fühlte sich meine Frau dort nicht mehr wohl. Wir verkauften das Haus und zogen in eine Kleinstadt. Dort erwarben wir wieder ein Haus, es war modern und geräumig. Nach einem Jahr wollte meine damalige Frau eine Auszeit.
Christoph Balmer-Waser, 41, Sozialarbeiter, Hausmann, Vater von drei Kindern im Alter zwischen 11 und 8, seit 14 Jahren verheiratet.
«Ich bin zusammen mit einem älteren Bruder in St. Gallen aufgewachsen – in einer klassischen Kleinfamilie. Mein Vater war Beamter, meine Mutter kümmerte sich um die Kinder und um den Haushalt. Aber sie engagierte sich schon früh ausser Haus, als nebenamtliche Katechetin. Bildung hatte bei uns einen zentralen Platz. Politik, Theater und Musik spielten eine Rolle. Mein Vater ernährte sich sozusagen von Büchern. Es war ein weltoffenes Haus. Mein Vater gab sich mit uns an Abenden, Wochenenden und in den Ferien ab. Ich erinnere mich an Eile mit Weile und wie er uns vorlas. Ich hatte viele Freiheiten, musste aber meine Unternehmungen begründen. Was eben keinen Platz hatte, war das Unvernünftige.
Peter Graf, 42, Bauleiter, vier Kinder im Alter zwischen 12 und 6 Jahren, seit 16 Jahren verheiratet.
«Ich bin in Widnau zusammen mit zwei Schwestern aufgewachsen. Ich hatte eine schöne Kindheit. Mein Vater war ein Familienmensch, er verbrachte viel Zeit mit uns. Für mich gehören Kinder zu einem normalen Leben. Und es ist natürlich auch ein grosses Glück, wenn man Kinder haben kann. Man muss ja nicht nur viel geben, man bekommt auch viel zurück. Im Alter ist man nicht allein, man gehört zu einer grossen Gemeinschaft. Kinder sind ein Wunder. Die Geburt ist ein Erlebnis, das sich fest ins Gedächtnis einprägt. Meine Frau und ich sind seit 22 Jahren zusammen und seit 16 Jahren verheiratet. Zuerst haben wir ein grosses Haus gebaut mit drei Kinderzimmern.
Notiert: Andreas Fagetti
Was in den deutschsprachigen Nachbarländern, den Benelux-Staaten oder den USA zum Teil bereits seit 100 Jahren existiert, wird morgen Sonntag auch in der ganzen Schweiz vom Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen männer.ch lanciert. «Der Vätertag ist mehr als eine Kopie des Muttertages», sagt Projektkoordinator Andreas Borter. Es gehe vielmehr darum, Anreize für eine aktivere Vaterschaft zu schaffen und nicht bloss einmal im Jahr danke zu sagen. Der Vätertag will eine Auseinandersetzung mit dem Vatersein anstossen in einer Zeit, in der sich die traditionellen Rollenbilder auflösen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mehr und mehr auch zum Männerproblem wird. Der Dachverband männer.ch möchte damit die Vätertags-Idee in der breiten Bevölkerung bekannt machen, um sie in den kommenden Jahren gezielt zu verankern und weiter auszubauen. «Der Vätertag kann so einen wichtigen Beitrag zu einer partnerschaftlichen Familienpolitik leisten, die den Lebensrealitäten von Männern, Frauen und Kindern gerecht wird», sagt Dachverbands-Präsident Markus Theunert.
In der Stadt St. Gallen ist der Vätertreff Veranstalter der morgigen Feier. Spiel und Spass im Freien für Väter und Kinder ist angesagt. Mütter sind ebenfalls willkommen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Spielplausch beginnt bei guter Witterung um 14 Uhr im Stadtpark St. Gallen (beim Naturmuseum). Bei Regen findet der Anlass in der Offenen Kirche St. Gallen an der Böcklinstrasse 2 statt. Bei unsicherer Witterung Auskunft unter Tel. 079 277 00 71. (fa)